Was ist HRC (Härte nach Rockwell)?

Um die stumpfe Theorie abzuhaken, betrachten wir zunächst die technische Definition:

Rockwell ist eine Maßeinheit für die Härte technischer Werkstoffe. HRC bedeutet Härte nach Rockwell, Skala C, wobei das C für das englische Wort „Cone“ (dt. Kegel) steht.

Das Prüfverfahren läuft wie folgt ab (vereinfacht):

Ein Diamantkegel wird in 3 Prüfschritten mit zwei unterschiedlichen Prüfkräften seitlich in den Stahl gepresst.

Im ersten Prüfschritt wird der Kegel mit der so genannten Prüfvorkraft in den Stahl gedrückt.

Im zweiten Prüfschritt wird die so genannte Prüfzusatzkraft mit eingebracht.

Im dritten Prüfschritt wird die Prüfzusatzkraft wieder weggenommen, die Prüfvorkraft allerdings beibehalten.

Die so resultierende Differenz zwischen der maximalen Eindringtiefe in Prüfschritt 2, und der Eindringtiefe in Prüfschritt 3 wird mit einer Formel in die Härte nach Rockwell umgerechnet.

Wie wirkt sich die Rockwell-Härte der Klinge auf die Schärfe und das Schneiden aus?

Nehmen wir als Beispiel zwei verschiedene Messer unterschiedlicher Stahlarten und Härtegrade. Diese betrachten wir im Anschluss etwas detaillierter:

1: Das kleine Kochmesser von Güde aus der Serie Alpha (GUE-1805/16) aus Chrom-Vanadium-Molybdän-Stahl mit einer HRC von 58 +/-1

2: Das Kochmesser/ Gyuto aus der Shun-Serie von KAI (KAI-DM-0706) bestehend aus 32 Lagen- Damast mit VG-10 Kern und 61 +/- 1 HRC

Zunächst fällt auf, dass die HRC immer mit +/- 1 angegeben ist. Verwunderlich, da eine feste Maßeinheit ja eigentlich ein festes Ergebnis liefern sollte. Die Antwort finden wir im Herstellungsverfahren der Messer. Die HRC-Prüfung des Stahls findet vor der Verarbeitung statt. Die Messerhersteller kaufen den Stahl als Werkstoff und verarbeiten ihn zu Messern. Ein Teilprozess der Herstellung ist das so genannte Härten. Bei diesem Schritt ändert sich der HRC-Wert des Stahls. Das Messer nun auf seine Härte zu Prüfen würde natürlich die Klinge beschädigen bzw. eine kegelförmige Vertiefung auf der Klinge hinterlassen. Daher geben viele Hersteller die Härte mit „+/- 1“ an.

Doch zurück zu unseren zwei Messern.

Um zu verstehen, wie sich die HRC auf die Schärfe auswirkt, müssen wir die Schneidkante eines Messers betrachten. Der Einfachheit halber stellen wir uns die Schneidkante als ein V vor. Bei der Benutzung des Messers wird die Kante des V´s nach und nach abgenutzt. Nach einiger Zeit entsteht ein Grat, Metall steht über die Kante des V’s hinaus und kann/wird sich im Anschluss verbiegen. Wenn der Stahl weicher ist, verbiegt sich diese Kante etwas schneller. Allerdings ist die Schneidkante an sich auch flexibler und verzeiht gröbere Krafteinwirkungen besser. Einfach gesagt: Sie bleibt nicht so lange scharf, dafür ist sie aber robuster.

Nehmen wir unser Kochmesser von KAI zur Hand, fällt auf, dass eine deutlich höhere Schärfe als beim Güde gegeben ist. Der Stahl ist härter und die Schneidkante kann feiner und dünner ausgearbeitet werden. Dafür ist sie aber weniger flexibel. Unter gröberer Krafteinwirkung, wie zum Beispiel beim Schälen eines Kürbisses oder beim Durchtrennen eines Maiskolbens, kann es insbesondere bei ungerader Schnittführung, oder bei roher Gewalt (auf das Messer stützen) zu einem Ausbruch an der Schneide führen.

Von der Schneidkante abgesehen, ist auch die Geometrie der Klinge ausschlaggebend für die Schneidfähigkeit, wobei wir dieses Thema hier nur kurz anschneiden möchten. So ist das Messer von Güde ein sehr gutes Beispiel für eine robuste Klingengeometrie. Eine Möhre werden Sie mit einem Güde Messer eher spalten. Da ist das KAI Messer schon alleine durch seine Geometrie im Vorteil, denn es hat im Vergleich eine deutlich geringere Blattstärke und gleitet somit leichter durch das Schnittgut. Eine schlanke Klingengeometrie findet man vornehmlich bei japanischen Messern, was also auch nicht zuletzt von der Härte des Stahls abhängig ist. Es gibt hier natürlich diverse Ausnahmen, wie beispielsweise Herder Windmühlenmesser, die trotz eines Stahls im mittleren Härtebereich durchaus eine schlanke, sehr schneidfähige Geometrie erreichen können. Ebenfalls findet man unter den französischen Messerherstellern sehr schlanke Messer, die dennoch die 56 Rockwell nicht übersteigen.

Der Zusammenhang zwischen der Art des Messerstahls und seiner Härte

Die Art des Stahls kann uns grob verraten wieviel Rockwell er ungefähr hat, bzw. welche Schärfe erreicht werden kann und wie lange sie hält. Wenn Sie beispielsweise während Ihres Messerkaufs auf den Aufdruck X50CrMoV15 stoßen (sehr beliebte Stahlsorte bei dt. Messerherstellern), können Sie zumindest erwarten, dass es ein eher robustes, aber auch durchaus qualitatives Messer ist. Dafür werden Sie aber früher Nachschärfen müssen bzw. stetig Wetzen.

Wenn Sie allerdings ein japanisches Messer kaufen, beispielsweise mit Super-Aogami-Stahl, merken Sie einerseits, dass der Preis deutlich höher ist, und andererseits, dass das Messer deutlich schärfer ist. Dafür erfordert es eine fortgeschrittene Schneide-Technik, denn grobe Fehler werden gnadenlos in Form von schartigen Ausbrüchen bestraft.

Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Rockwell-Härten

Anfänger sollten eher niedrige Rockwell-Härten wählen (ca. 56-58 HRC), da entsprechende Messer eine solide Schärfe erreichen, einfach nach zu Schärfen sind (Wetzstab), und kleinere Anwendungsfehler an der Klinge verzeihen.

Fortgeschrittene, die eine gewisse Erfahrung und Kontrolle über das Messer mitbringen, können sich von ca. 60 HRC bis ca. 63 HRC austoben. Das Schärfen sollte hier entweder mit einem keramischen Wetzstab, oder noch besser mit einem japanischen Schleifstein durchgeführt werden.

Profis, sei es im industriellen Bereich oder in der Hobby-Küche, können sich zwischen 63 HRC bis 67 HRC bewegen. Solche Messer sind fast immer aus sehr hochwertigem Stahl gefertigt und beginnen preislich bei ca. 250€. Das Schärfen von Messern dieser Klasse sollte immer am Schleifstein stattfinden.

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